Proudly made on earth

Hallo, ich bin Florian

Florian Lehmuth

Beim Üben des gelangweilten Blicks

»Do one thing everyday that scares you,« soll Eleanor Roosevelt einmal empfohlen haben. Heute ist einer dieser Tage, an denen man sich etwas trauen sollte, denn heute wird floffimedia unfassbare sechs Jahre alt. »Mein privates Blog« nenne ich diese wilde Ansammlung verquerer Ideen noch immer, wenn ich beschreiben möchte, worum es hier geht (so genau weiß ich es selbst nicht). Aber was ist ein privates Blog, wenn es nicht durch Persönlichkeit zum Leben gebracht wird? Woraus entstehen Ehrlichkeit und menschliche Wärme, wenn nicht aus Intimität?

Es ist beinahe komisch, wie ich es all die Jahre geschafft habe, über die unterschiedlichsten Themen zu schreiben, aber mich selbst immer im Hintergund zu halten. Mich verstecken kann ich ganz gut, trotz der Einsneunzig. Doch damit ist es jetzt vorbei. In Zukunft sollen meine Artikel überfließen vor Subjektivität und überflüssigen biografischen Referenzen. Es werden Tränen des Mitgefühls fließen, fremde Menschen werden sich für mich schämen und treue Stammleser den Kopf schütteln. Damit ich mein Versprechen auch wirklich einlöse, fange ich gleich damit an – mit allem, was ich in den letzten sechs Jahren verschwiegen habe.

Ich bin zwanzig Jahre alt.

Ihr habt richtig gerechnet. Als es hier losging, war ich ein unerfahrener Milchbubi mit einer vagen Idee, einer WordPress-Installation und einem Vater, der für die Domain bürgte. Mein Alter war mein gut gehütetes Geheimnis, denn schnell stellte ich fest, dass man im Internet auch als Teenager ziemlich weit kommen kann, wenn man sich nur richtig präsentiert. Als die ersten Pakete der PR-Agenturen eintrafen, konnte ich mein Glück kaum fassen. Lange schwelgte ich in dem stolzen Gefühl, meiner Zeit voraus zu sein. Niemand warnte mich, dass mit der Volljährigkeit das Älterwerden seine positive Konnotation schlagartig verliert. Heute habe ich meine erste Falte entdeckt, aber ich finde mich damit ab. Graue Haare habe ich noch nicht.

Ich lebe in Berlin.

Daraus habe ich auch nie einen großen Hehl gemacht. Wie es so ist, wenn man hier wohnt? Überraschend unspektakulär, jedenfalls für mich. Wo die illegalen Partys abgehalten werden, habe ich immer noch nicht herausgefunden. Auch vor dem Berghain habe ich mich noch nicht angestellt; die Bar 25 nie besucht, solange es sie noch gab. Leuten, die ähnlich langweilig sind wie ich, kann ich also nur wenig Hofnung machen, dass sich ihr Leben durch einen Umzug nach Berlin radikal verändern wird. Trotzdem ist die Stadt großartig und für mich genau richtig. In meiner neuen WG in Mitte bin ich zwar nicht mehr so nah am Geschehen wie davor in Kreuzberg, doch dafür komme leicht von hier weg und dorthin, wo sich das echte Leben abspielt. Auf der Straße durch den 1. Mai tanzen, beim Karneval der Kulturen den Lautsprecherwagen mit der besten Musik aussuchen oder nach ein paar Stunden im verrauchten Club einen frischen Gemüsedöner in der Hand halten – unbezahlbar.

Ich lebe noch nicht lange in Berlin.

Wie es sich für einen richtigen Hauptstadtbewohner gehört, habe ich meine Kindheit und Jugend in Schwaben verbracht. In Oberschwaben sogar, also dem schwäbischsten Schwaben, das man sich vorstellen kann. Mit Stuttgart hat das rein gar nichts zu tun. Man kann es sich nur schwer vorstellen, aber auch in der süddeutschen Provinz lässt es sich gut leben. Vor allem, wenn man als Kind direkt hinter dem Haus Höhlen in den sandigen Boden graben oder Hütten im Wald bauen kann. Später folgt dann die Ernüchterung in Form unerträglicher Dorffeste, zwischen denen die gelegentliche Minimal-Party aber umso glanzvoller hervorsticht. Ich hatte eine schöne Zeit.

Ich bin Student.

Anglistik und Publizistik fügen sich gut in das Themenfeld dieses Blogs ein, dachte ich, als ich nach dem Abitur nichts mit mir anzufangen wusste. Damals war mir noch nicht klar, dass man keine Hausarbeiten über die Verwendung von Bitch! in Breaking Bad oder Klassenunterschiede in den Simpsons schreiben kann. Mittlerweile habe ich mich aber ganz gut eingefunden und mit ein wenig Fleiß werde ich demnächst in der Regelstudienzeit zum Bachelor. Damit bin ich hoffentlich optimal auf meinen späteren Beruf als Taxifahrer vorbereitet, wo ich dann vor englischsprachigem Publikum meine unveröffentlichen Drehbuchfragmente rezitieren kann.

Ich bin Möchtegern-Hipster.

Das ist die schlimmste Form des Hipsters. Die üblichen Merkmale sind alle vorhanden: Skinny Jeans, die Brille mit dem dicken schwarzen Rahmen, die Retro-Kamera immer in der Tasche, auf dem Fixie Rennrad unterwegs und wie gut sind eigentlich Animal Collective? Im Unterschied zum normalen Hipster gibt der Möchtegern-Hipster aber auch noch bereitwillig zu, dass ihm all das gefällt, was auf der Oberfläche viel hermacht und nicht zu sehr in die Tiefe geht. Für ihn sieht die Welt durch den Instagram-Filter tatsächlich besser aus. Jeden Tag übt er vor dem Spiegel den gelangweilten Blick, um irgendwann die höchste Stufe der Coolness zu erreichen: Cool zu sein, ohne es zu wissen. In der Zwischenzeit arbeitet er an seiner Straßenfotografie und hört dabei alles, was bei der Hype Machine gerade angesagt ist.

Mehr?

Ich bin Serienjunkie, Nerd und Vegetarier. Die Devise nicht nur in politischen Angelegenheiten, sondern auch bei der Wahl meiner Schreibhand und in der klassischen Labyrinth-Situation lautet links. Ich bin Nachtarbeiter und Langschläfer. Traurig, aber wahr: Wer versucht, schriftlich oder telefonisch mit mir in Kontakt zu treten und nicht vehement genug ist, muss mit Wartezeiten von mitunter mehreren Jahren rechnen. Face to face funktioniert dafür ziemlich problemlos. Meinen Kaffee trinke ich mit Milch; Eier esse ich hartgekocht. Ich bin der größte Prokrastinateur der Welt. Wenn ich mich an kalten Tagen zu sehr verausgabe, bekomme ich Kopfweh und Atembeschwerden. Um Skater zu werden, war ich immer zu ängstlich. Die eine Hälfte meines Doppelbetts ist leer. Einmal habe ich auf diesem Blog öffentlich Werbung für die Teilnehmer einer internationalen Sportveranstaltung gemacht, aber das ist egal, weil damals zum Glück noch niemand mitgelesen hat. Im Jonglieren bin ich nicht ganz unbegabt. Meine musikalischen Fertigkeiten beschränken sich auf den Blockflötenunterricht in der Grundschule, ein paar Jahre klassische Geigenausbildung und eine Handvoll ausgewählter Gitarrenakkorde. Ich bin kein Freund von Spirituosen, aber leidenschaftlicher Biertrinker. Hin und wieder entgleist mir die Stimme. Mein Name sorgt außerhalb des Alpenraums für Verständnisprobleme.

Ich bin Florian. Und wer seid ihr?

Florian Lehmuth
31. Januar 2014
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