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You went to the end of the fucking earth – Das Ende von Skins

© E4

Auf Aufstieg folgt bekanntlich Fall. Wer sich einmal so weit oben befunden hat wie Skins, der kann praktisch nur verlieren. Skins war vermutlich einmal die beste Coming-Of-Age-Serie der Welt. Mit dem ersten Cast eroberten die Briten die Herzen von Jugendlichen auf der ganzen Welt, die zweite Generation wurde zwar am Anfang noch misstrauisch beäugt, stieß am Ende jedoch auf noch viel mehr Fans als die Clique rund um Tony Stonem. Um es mit den Worten von Marcel auszudrücken: »In den Köpfen jünger, im Herzen aber dafür umso älter.«

Eigentlich hätte also jedem klar sein müssen, dass nicht besseres als Staffel 3 mehr kommen konnte. Doch Skins ist nunmal Skins, keine Erwartung an die E4-Produktion schien zu hoch. Was dann kam, war eine einzige Enttäuschung. Die Beziehungen, die im Jahr zuvor mühsam aufgebaut worden waren, wurden auf einen Schlag vernichtet, der Zusammenhalt der Gruppe schien gegen Null zu gehen und jeglicher Ansatz von Spaß und Unterhaltung wurde im Keim erstickt.

Dabei beginnt die Staffel noch ziemlich vielversprechend. Sophia, der neue Charakter, begeht gleich am Anfang Selbstmord, beim Aufrollen des Falls geht die Beziehung zwischen Naomi und Emily zu Bruch. Auch Thomas wird von Pandora verstoßen, als er sie mit der Tochter des Priesters betrügt. Es herrscht allgemein eine sehr düstere Stimmung, von den tiefsinnigen Witzen und der Ironie von Staffel 3 ist nichts mher zu sehen. Mit Cooks Episode wendet sich das Blatt noch ein wenig; überhaupt spielte Jack O’Connell seine Kollegen diesmal regelrecht an die Wand, eigentlich ist er der einzige Grund, warum es sich doch lohnt, die neuen Folgen anzusehen. Keine andere Figur ist innerhalb des letzten Jahres dermaßen gereift, auch Kaya Scodelario, die davor in der Rolle der geheimnisvollen Effy ausgezeichnete Arbeit geleistet hat, kommt diesmal als nervliches Wrack kaum zur Geltung.

Und das, obwohl sie mit Freddie die einzige noch intakte Beziehung zu führen scheint. Die Psycho-Geschichte wird auch nicht richtig ausgereizt, wobei Folge 5 schon einen der spärlichen Höhepunkte der ganzen Staffel darstellt und mit seiner unglaublich emotionalen, packenden Stimmung perfekt wäre, wenn die anderen Folgen nicht so humorbefreit und flach wären. Den Gipfel der Lächerlichkeit stellt jedenfalls Frederick McClairs völlig überraschender Tod dar: Er wird von Effys Psychiater mit einem Baseballschläger erschlagen.

Man möchte an einen schlechten Scherz glauben, doch auch das Ende in Episode 8 und damit der Abschied des zweiten Casts ist mehr als unbefriedigend. Naomi und Emily finden zwar ebenso wie Thomas und Pandora wieder zusammen, auf Freddies Verschwinden und Tod gehen die Drehbuchautoren aber kaum ein, einzig ganz am Schluss wird der Eindruck erweckt, Cook räche seinen besten Freund, genaueres erfahren wir jedoch nicht mehr. Es ist völlig unklar, wie das Leben der neun Jugendlichen weitergeht, selbst das Ende der ersten Generation war noch schlüssiger, obwohl wir bis heute nicht wissen, was mit Sid und Cassie in New York wirklich passiert ist.

Was haben die Produzenten also falsch gemacht? Natürlich liegt die Schuld vor allem bei den Drehbuchautoren. Wie ein Kommentator auf einer Seite, die ich einfach nicht mehr finden kann, treffend beschreibt, bekommt man stellenweise das Gefühl, Jamie Brittain und seine Kollegen hätten nur mal schnell ein Konzept hingekritzelt und seien dann in die Mittagspause verschwunden, während diese völlig untauglichen Entwürfe dann versehentlich verfilmt wurden. Doch eine andere kleine Notiz aus der Wikipedia hat mein Interesse geweckt: Dort heißt es in Berufung auf einen Blogpost bei E4.com, der Privatsender kämpfe mit finanziellen Problemen, weshalb die neueste Staffel auch auf acht Folgen beschränkt und auf aufwändige Szenen praktisch komplett verzichtet wurde. Wenn diese Vermutung wirklich stimmt, ist es sehr schade, dass ausgerechnet an einer so beliebten Produktion wie Skins gespart wurde.

Wäre diese Nachricht also alles, müsste man sich wirklich überlegen, der Serie ab sofort den Rücken zuzukehren. Der “RIP Freddie McClair”-Post, der direkt nach der Ausstrahlung von Folge 7 auf der Website von E4 veröffentlicht wurde, erhielt denn auch mehr als 1800 Kommentare, in denen die meisten Leute ankündigten, nie wieder Skins sehen zu wollen. Zwei Meldungen geben jedoch Hoffnung: Zum einen wurden Staffel 5 und 6 bestätigt, die zwar ebenfalls nur je acht Episoden enthalten sollen, dafür wieder in völlig neuer Besetzung gedreht werden. Und das beste kommt zum Schluss: Der lang angekündigte Kinofilm soll nun endlich gedreht werden, und zwar, haltet euch fest, mit der ersten, zweiten und dritten Generation! Hoffen wir also, dass alle ungeklärten Fragen nun endlich beantwortet werden und am Ende doch noch alles gut wird. Bis dahin sehen wir uns eben noch einmal Staffel 3 an. Und nochmal. Und nochmal.

Florian Lehmuth
25. März 2010
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