Proudly made on earth

Testbericht: T-Mobile G1

Nachdem mir die netten Menschen bei T-Mobile für zwei Wochen das neue “Google Phone” G1 ausgeliehen haben, berichte ich nun, wie es sich in meinen harten Tests bewährt hat. Stört euch bitte nicht daran, dass der Artikel so lang und unübersichtlich ist. Wenn ihr etwas spezielles wissen möchtet, schaut auf die fettgedruckten Wörter!

Beim Einschalten muss man sich, wie schon hinlänglich bekannt, in seinen Google-Account einloggen. Wer keinen Account hat, muss einen erstellen, ohne geht nicht. Durch diese Maßnahme kann Google noch mehr Informationen über das Verhalten seiner User sammeln, aber es hat auch für den Nutzer Vorteile: Email-Adressen, Telefonnummern etc. werden direkt aus Google Mail importiert.

Bei der Bedienung des G1 sticht sofort der große Touchscreen ins Auge. Er misst 3,2 Zoll in der Diagonale und hat eine Auflösung von 320×480 Pixeln. Meistens reicht diese Auflösung aus, für eine bessere Darstellung von Websites hätten es jedoch ruhig ein paar Pixel mehr sein dürfen. Das Navigieren mit dem Touchscreen macht großen Spaß, auch wenn es kein Multitouch-Display wie beim iPhone ist. Aus diesem Grund kann man zum Beispiel nicht durch das Spreizen der Finger elegant ein- und auszoomen, sondern muss sich mit zwei virtuellen Plus- und Minustasten begnügen.

Unterhalb des Displays knickt das Gerät leicht ab, dort sind eine Menütaste, eine Abheben- und Auflegentaste, eine Home- und eine Zurücktaste sowie der Trackball. Dieser ist sehr leichtgängig, was für schnelles Scrollen von Vorteil ist, um aber kleinere Links präzise auszuwählen bedarf es ein paar Tagen Übung. Schiebt man die Tastatur nach oben, kommt die QWERTZ-Tastatur zum Vorschein. Im ersten Moment wirken die Tasten unglaublich klein, doch der Druckpunkt ist, wie ich finde, sehr gut gewählt und mit der Zeit erlernt man sogar eine Art Fake-Zehnfingersystem. Alle Finger haben auf den winzigen Tasten natürlich nicht Platz, aber dank der intelligenten Anordnung findet man das gewünschte Zeichen sehr schnell.

Schiebt man das Smartphone auf oder zu, dreht sich der Bildschirm automatisch. Drückt man im normalen Betrieb auf Auflegen, wechselt das G1 auf standby. Durch zweimaliges drücken der Menütaste wird das Gerät wieder entsperrt. Diese Funktion ist sehr wichtig, um Energie zu sparen, denn die ist bei diesem Handy äußerst kostbar (später mehr).

Die Kamera hat eine Auflösung von 3,1 MP, was eigentlich für gute Handyfotos reichen sollte. Ärgerlich ist nur, dass auf einen Blitz oder eine Fotoleuchte verzichtet wurde. Ansonsten sind die Fotos durchaus brauchbar, nur die fehlende Beleuchtung führt eben zu starkem Bildrauschen und Artefakten.

Bevor ich zur Software komme, möchte ich noch etwas zum Akku sagen: Bis auf ein paar Unausgereiftheiten bei der Software ist die unglaublich kurze Akkulaufzeit der mit Abstand größte Schwachpunkt des G1. Bei schonungsvollem Betrieb hält der Akku ungefähr einen Tag lang, dafür darf man dann auch nur zwischendurch einmal seine Emails checken oder ein wenig twittern. Wenn man pausenlos im Internet surft, haucht das Telefon mitunter schon nach zwei Stunden seine Lebensgeister aus. Noch schlimmer ist es, wenn man sich am Stück Youtube-Videos ansieht. Dann kann es gut vorkommen, dass der Akku schon nach einer Stunde leer ist, was wirklich ein Witz ist.

T-Mobile sollte deshalb dringend mit einem Firmware-Update nachlegen, denn mit derarten kurzen Laufzeiten würde die Attraktivität des Smartphones sonst gewaltig sinken. Bei all der Mobilität durch HSDPA, Edge, WLAN und GPS ist es wirklich lächerlich, dass die größte Sorge ist, wo man denn die nächste Steckdose findet, um den Akku wieder aufzuladen.

Das Smartphone verfügt insgesamt über nur eine Anschlussbuchse, an die das Netzteil, die Kopfhörer und das USB-Kabel angeschlossen werden können. Das ist natürlich etwas ungünstig, wenn man gleichzeitig Musik hören und Dateien übertragen oder den Akku laden möchte, was schlichtweg nicht funktioniert. Ich muss allerdings anmerken, dass das Handy zu den ersten seiner Art gehört, die man gleichzeitig an den PC anschließen und trotzdem noch normal benutzen kann. Die Kopfhörer haben einen tollen Sound, was man vom Lautsprecher nicht unbedingt behaupten kann. Dafür ist dieser sehr laut.

Das G1 ist das weltweit erste Smartphone, auf dem das neue, Linux-basierte Google-Betriebssystem Android läuft. Die Bindung an den amerikanischen Internet-Riesen ist für den Anwender Segen und Fluch zugleich. Doch ich fange besser einmal von vorne an: Das Desktop ist, ähnlich wie bei Linux, in drei Fenster aufgespalten. Das schafft mehr Übersichtlichkeit, außerdem kann man, wenn einem langweilig ist, mit einer ziehenden Fingerbewegung von einem Fenster zum anderen wechseln. Drückt man lange auf das Display, öffnet sich der Dialog zum Hinzufügen einer neuen Verknüpfung.

Telefonieren kann man übrigens auch, das Wählen funktioniert entweder über den Touchscreen oder die Tastatur. Hat man bei seinen Email-Kontakten bereits eine Telefonnummer eingegeben, kann man diese sofort anrufen.

Google Mail ist schon vorinstalliert. Die Nutzung ist sinnvoll, da man ja für den Betrieb des Handys sowieso einen Account benötigt. Das automatische Abrufen von neuen Nachrichten klappt wunderbar und die Anwendung ist optimal auf die Bildschirmgröße und Bedienweise des Telefons abgestimmt.

Wenn man sich verlaufen hat, helfen die Google Maps weiter. Gerade unterwegs ist dieses Programm für die Navigation unverzichtbar. Wenn man es geschafft hat, in etwas umständlichen Menüs das GPS zu aktivieren, kann man ganz einfach und schnell seine aktuelle Position bestimmen und auf der Karte anzeigen lassen. Auch Routenplanung ist möglich. Suchergebnisse zeigt Google Maps wie gewohnt in Form von kleinen Pfeilen an, außerdem sind neben der Kartenansicht auch Satellitenbilder wählbar.

Das sind nicht die einzigen bekannten Google-Applikationen, die auf dem Gerät schon vorinstalliert sind: Auch der Calendar, IM und ein eigener Youtube Browser sind vertreten (der normale Browser unterstützt aus Energiespar-Gründen kein Flash, man kann sich also wirklich nur Youtube Videos ansehen. Aber immer noch besser als das iPhone!).

Im Market kann man sich lauter tolle kostenlose Erweiterungen herunterladen, die teilweise bitter nötig sind (Power Manager, Twidroid, Wikitude, ShopSavvy) oder einfach nur den Spaßfaktor erhöhen (Compass, Bonsai Blast, Trap!). Bei den Anwendungen hat sich so schon ein ganz schön großer Berg angehäuft, bei den Spielen sieht es eher noch dürftig aus. Mit dem AppStore kann man den Android Market in Sachen Quantität noch überhaupt nicht vergleichen, auch wenn es sehr erfreulich ist, dass Android ebenfalls eine solche Plattform anbietet.

Nun komme ich zur letzten und Königsdisziplin: Dem Browser. Der ist offenbar eine Eigenproduktion, die jedoch sehr gelungen ist. Zum Eingeben der URL muss man zwingend die Tastatur benutzen, ansonsten kann man jedoch im Hoch- und Querformat surfen. Nervig ist, dass man eine eingegebene URL nicht mehr bearbeiten kann, um zum Beispiel einen Schrägstrich und eine Unterseite zu ergänzen.

Der Titel der Website und das Favicon werden in einer schmalen Titelleiste angezeigt. Der Seitenaufbau ist richtig schnell, doch in ländlichen Räumen verzögert er sich gezwungenermaßen aufgrund der schlechten Übertragungsrate. Bilder werden (höchstwahrscheinlich über einen Proxy) automatisch runterskaliert, der Text wird an die Displaybreite angepasst. So kommt es, dass fast alle Seiten genauso fehlerfrei wie am PC angezeigt werden. Scrollen und Links anklicken kann man entweder über den Trackball oder den Touchscreen. Bei beiden Methoden ist es anfangs schwer, kleine Links präzise zu treffen, doch mit der Zeit klappt es immer besser. Möchte man mehr Übersichtlichkeit, kann man auf das kleine Pfeilkreuz in der rechten unteren Ecke drücken und die gesamte Seite wird auf dem kleinen Display angezeigt. Mit einem Auswahlrechteck kann man dann festlegen, welchen Bereich man sehen möchte.

Beim Browser haben die Entwickler an viele kleine Details gedacht. Selbstverständlich ist es möglich, mehrere Fenster oder Popups zu öffnen. Auch Java Script ist in der Grundeinstellung aktiviert. Drückt man lange auf einen Link, kann man das Ziel auf der mitgelieferten 2GB-microSD-Karte speichern, genauso auch Bilder. Geht man im Menü auf Seitenlink weiterleiten, kann man ihn automatisch twittern oder per Email versenden.

Der Browser des Smartphones ist wirklich das Sahnehäubchen auf dem auch sonst sehr gelungenen Android-Betriebssystem. Zahlreiche praktische Kleinigkeiten erleichtern einem das mobile Surfen ungemein, weshalb ich auch gar nicht verstehe, warum manche Menschen Browser von Fremdanbietern installieren.

Fazit: Das G1 ist ein sehr intuitives, benutzerfreundliches und schnelles Handy. Mit dem neuen Betriebssystem, das sehr stabil läuft, bietet es eine willkommene Abwechslung zu Windows Mobile- und Symbian-Geräten und dem iPhone. Auch der Preis bereitet Freude: Ohne Vertrag kostet das G1 gerade einmal 350 Euro, da ein Vertrag mit Internetflatrate jedoch sehr empfehlenswert ist, zahlt man besser um die 50 Euro pro Monat (günstigster Tarif: 24,95 €/ Monat.

Einziger großer Schwachpunkt ist der Akku, dessen Laufzeit sich jedoch mit diversen Firmware-Updates und dem Power Manager etwas verlängern lässt. Spätesten in der nächsten Generation sollte dieses Problem jedoch behoben sein.

Florian Lehmuth
6. März 2009
Kategorien:
Schlagworte:

3 Kommentare

Was sagst du?