Proudly made on earth

Testbericht: T-Mobile G2 Touch

HTC Hero 01

Hinweis für Android-Neulinge: Um die Grundlagen zu verstehen, solltet ihr vielleicht erst meinen Artikel über das G1 lesen.

In den letzten beiden Wochen durfte ich wieder einmal die neueste Innovation aus dem Hause HTC testen. T-Mobile war erneut so freundlich und stellte mir ein Exemplar des G2 Touch, auch bekannt als HTC Hero, zur Verfügung. Das Ziel des Smartphones ist klar, die Kindheitsfehler des G1 auszubügeln und Android reif für den großen Markt zu machen. Außerdem punktet es als erstes Android-Gerät mit Flash-Unterstützung. Doch kann es die Erwartung wirklich erfüllen?

Beginnen wir wie gewohnt bei der Hardware: Den für das G1 charakteristischen Knick im unteren Bereich hat auch das G2 Touch nicht verloren, dadurch und wegen seiner griffigen Oberfläche liegt es gut in der Hand. Im Vergleich zu seinem größten Konkurrenten, dem iPhone, ist es jedoch trotz dem Verzicht auf eine aufschiebbare Tastatur immer noch ziemlich dick und schwer. Wie vorhin schon angesprochen, hat sich die Akkulaufzeit erheblich verlängert. Im normalen Betrieb, also mehrere Stunden Surfen, Twittern oder Spielen, kann man das Gerät durchaus einen ganzen Tag lang benutzen, bevor es wieder Energie tanken muss. Das klingt jetzt vielleicht nach ziemlich wenig, stellt aber gegenüber dem G1 schon einen erheblichen Fortschritt dar; nebenbei bemerkt: Das Aushängeschild von Apple hält auch nicht länger durch.

Die Auflösung der Kamera ist ebenfalls ein wenig größer geworden, generell gilt aber immer noch die Faustregel: Bei guten Lichtverhältnissen sind die Fotos und Videos durchaus in Ordnung, im Dunkeln kann man sie jedoch vergessen. Einen Blitz oder eine Fotoleuchte haben die Taiwanesen leider immer noch nicht eingebaut. Das 3,2 Zoll-Display reicht mit seinen 320×480 Pixeln aus, um Webseiten und Apps ordentlich darzustellen. Um unteren Bildschirmrand befinden sich wie gewohnt die überaus nützlichen Mutimedia-Tasten: “Abnehmen”, “Startseite”, “Menü” und “Auflegen”. Darunter der “Suche”-Knopf, die “Schritt zurück”-Taste und der Trackball, mit dem man selbst die winzigsten Links erstaunlich gut auswählen kann. Ein Punkt, der Musikfanatiker sicher freuen wird, ist, dass endlich eine 3,5mm-Audiobuchse für die Kopfhörer eingebaut worden ist. So muss man auch während des Aufladens über USB Mini nicht auf musikalische Untermalung verzichten.

HTC Hero 02

Nachdem die “Äußerlichkeiten” geklärt wären, können wir nun zum ersten Einschalten übergehen. Was mich sehr überrascht hat: Im Gegensatz zu früher verlangt das Telefon nicht mehr gleich beim Start nach dem Google Mail-Account, der Großteil der Applikationen lässt sich auch einfach so bedienen. Diese Tatsache wird dem HTC Hero womöglich auch in Kreisen von Google-Skeptikern zu Akzeptanz gereichen. Wenn man dann aber doch irgendwann seine Nachrichten von Gmail abrufen und andere vorinstallierte Programme wie den Android Market benutzen möchte, muss man das Smartphone zwangsläufig synchronisieren. Ein merkwürdiger Bug bringt einen jedoch schier zur Verzweiflung: Der Verbindungsaufbau wird jedes Mal abgebrochen, auch ein Neustart hilft nicht. Etwas Googeln bringt die Lösung: Es muss zuerst ein kompletter Reset durchgeführt werden, siehe da: Es klappt.

Neben den vielen Google-Apps befinden sich auch bereits diverse HTC-Eigenentwicklungen und T-Mobile-Programme auf dem internen Speicher. Manche davon sind sehr nützlich, beispielsweise der Musikplayer, Peep, ein ziemlich guter Twitter-Client oder ein Tool zum Betrachten von Fotos, mit dem man sich auch in Flickr und Facebook einloggen kann (alle von HTC). Andere Applikationen wie den web’n’walk-Browser möchte man hingegen lieber löschen, doch genau hier taucht ein Problem auf: Das ist nicht möglich. Die einzige Möglichkeit, sich nicht ständig über solche Icons zu ärgern, heißt: Sie ganz hinten im Menü zu verstecken.

Selbiges muss man sowieso nicht mehr besonders oft aufrufen, denn mit der völlig neuen Benutzeroberfläche namens “Sense” kann man sich sieben verschiedene Desktops mit Verknüpfungen und Widgets wie Uhrzeit, Wetter, Musikplayer, E-Mails, Kontakten uvm. individuell einrichten. Ein kompletter Satz aus diesen sieben Seiten lässt sich wiederum als “Scene” abspeichern, so kann man die Arbeitsumgebung wunderbar von “Werktag” auf “Wochenende” umstellen.

Auch beim Browser hat sich gegenüber dem Vorgängermodell einiges getan: Die CSS-Unterstützung ist noch besser, erstmalig können Flash-Applikationen dargestellt werden (allerdings nur bis ActionScript 2.0, das klappt dann aber auch richtig gut), am allerwichtigsten jedoch: Mit der Multitouch-Steuerung zoomt und gleitet man völlig mühelos durch die Websites. Wie beim iPhone lassen sich so durch Auseinanderziehen oder Zusammenschieden der Finger Inhalte größer oder kleiner darstellen bzw. auch drehen.

All das klingt bisher eigentlich ziemlich positiv. Doch auch das G2 Touch hat seine Fehler, und zwar ziemlich gravierende: Am Anfang fällt es noch nicht besonders auf, doch vergleicht man den 528 MHz-Prozessor einmal mit dem des iPhones, merkt man erst, wie unglaublich langsam und instabil das Smartphone ist. Der Seitenaufbau im Browser dauert relativ lange, 3D-Spiele ruckeln vor sich hin und manchmal stürzen Programme auch gleich ganz ab. Für diese Tatsache gibt es zwei mögliche Ursachen: Zum einen könnte der Hersteller die Geschwindigkeit des Prozessors zu Gunsten der Akkulaufzeit gedrosselt haben, zum anderen dürfte auch die neue grafische Oberfläche zu Instabilität führen. Nervig sind die trägen Reaktionen in jedem Fall.

Ganz besonders macht sich dies bei der Tastatur bemerkbar: Da auf eine Hardware-Lösung wie beim G1 verzichtet wurde, muss man ständig auf dem Touchscreen herumhacken. Was an sich ja auch nicht schlimm wäre, denn die kurzen Vibrationen bei Tastendruck geben ein durchaus annehmbares haptisches Feedback. Doch die Reaktionszeit an sich ist, verglichen mit dem iPhone, einfach untragbar. Wenn das Telefon auf einer festen Oberfläche liegt, spricht die Tastatur nur noch auf extrem starken Druck an und ist praktisch nicht mehr benutzbar.

Fazit: Gerne hätte ich das G2 Touch (oder HTC Hero) in diesem Review als das bessere iPhone bezeichnet. Die Voraussetzungen dazu sind gegeben: Beinahe vollständige Flash-Unterstützung, eine bessere Kamera, ein hervorragend anpassbares Interface. Doch ganz so einfach ist es dann doch nicht: Die teilweise extrem langen Reaktionszeiten und eine manchmal beinahe berührungsresiste Tastatur bremsen die Begeisterung ziemlich schnell.

Allerdings möchte ich trotzdem nicht vom Kauf abraten: Sieht man von diesen Problemen ab, ist das G2 ein großartiges Smartphone, das sich in vielerlei Hinsicht deutlich gegenüber seinem Vorgänger gesteigert hat. Wenn man nicht allzu oft in Kontakt mit iPhones oder iPod Touches kommt, wird man sich auch an die etwas gebremste Geschwindigkeit gewöhnen. Preislich hat das Android-Gerät klar den Vorteil: Bei Amazon wird es derzeit für ca. 450€ gehandelt, in eBay gibt es aber auch schon Angebote um die 200€.

Florian Lehmuth
11. Oktober 2009
Kategorien:
Schlagworte:

Keine Kommentare

Was sagst du?