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Interview: Geysir von SubCentral

Interview Geysir SubCentral

Gemeinfrei: Symbolbild

Wer sich gerne Serien aus dem Ausland ansieht, wird oft mit einer schwierigen Entscheidung konfrontiert: Entweder lange auf die synchronisierte Ausstrahlung in Deutschland warten oder sich doch das fremdsprachige Original anschauen und akzeptieren, dass man vielleicht nicht jede Redewendung und jeden Witz versteht. Doch schon länger gibt es mit Plattformen wie SubCentral eine Lösung für dieses Problem. Passionierte Subber versehen in ihrer Freizeit Lieblingsserien mit den passenden, übersetzten Untertiteln, die anschließend umsonst an die Fangemeinde weitergegeben werden. Einer der aktivsten Mitglieder SubCentrals nennt sich Geysir und ist für Subs von Jericho, Battlestar Galactica, Breaking Bad oder Mad Men bekannt. Er hat sich freundlicherweise dazu bereiterklärt, mir einige Fragen zu seiner Arbeitsweise und der Motivation hinter dem Subben zu beantworten.

Florian: Hallo Geysir, könntest du dich uns vielleicht kurz vorstellen? Du scheinst ja nicht viel über deine Person verraten wollen.

Geysir Ich bin 35 Jahre alt, wohne und arbeite in Hamburg als Web-Entwickler. Meine Englischkenntnisse stammen aus der Schule und der Uni und aus etlichen Auslandsaufenthalten.

Ist ja interessant, genau danach hätte ich dich jetzt als Nächstes gefragt. Was hast du denn studiert? Welche Länder hast du bereits bereist?

Studiert habe ich Geoinformatik, einen eher “kuriosen” Studiengang, der versucht, die Brücke zwischen Geographie und Informatik zu schlagen. Navigationssysteme sind das beste Beispiel dafür.

Bereist habe ich unter anderem das europäische Ausland, aber auch Länder wie Australien, Indonesien und Jordanien.

Das klingt ziemlich spannend. Also scheinst du in deiner Freizeit einen Ausgleich zum Bürojob zu suchen. Haben denn deine Web-Projekte auch etwas mit Geoinformatik zu tun?

Nein, die Firma für die ich arbeite, hat nichts mit Geoinformatik zu tun. So seltsam es klingt, es handelt sich um einen Onlineshop, der Baumarktartikel verkauft, und ich arbeite mit einem kleinen Team am Betrieb und an der Verbesserung dieses Shops.

Und ja, Reisen ist da ein toller Ausgleich zum langen Büroalltag.

Anfang 2007 hast du dann, wenn ich das richtig sehe, auf SubCentral mit dem Subben angefangen. Was hat dich zu diesem Schritt geführt?

Auslöser war, wie für so viele Subber damals, die Serie “Lost”. Nachdem ich den Pilotfilm auf Deutsch gesehen hatte, war ich begeistert von der Serie und kam auf die Idee, sie auf Englisch zu schauen, da die Serien immer erst später im deutschen TV laufen. Ich bin dann auf andere amerikanische Serien aufmerksam geworden, Serien wie Jericho, Battlestar Galactica, später dann Breaking Bad und Mad Men.

Bei Jericho war es damals so, dass die deutschen Subs erst eine Woche später erschienen und das hat mir irgendwie zu lange gedauert und so entschloss ich mich, diese tolle Serie selber zu subben.

Damit war der erste Schritt getan, damals gab’s SubCentral aber noch nicht. (schmunzelt)

So lange verfolge ich die Plattform selbst noch gar nicht. Heißt das, du warst dann bei der Gründung beteiligt?

Nein, damals gab es zwei größere Boards, TV4User und TVFreaks. Die Freaks gingen irgendwann offline, sodass sich alles auf TV4User versammelte. Dies führte dann irgendwann zu einem Streit und zum Bruch zwischen beiden Boards. Aus dem Streit entsprang SubCentral. Ich weiß selber nicht genau, worum es damals ging, ist aber auch mittlerweile vergessen. Ich habe mich irgendwann für SubCentral entschieden, da ich einen der Admins sehr gut “kenne” und mit ihm zusammen Battlestar Galactica gesubbt habe, Grüße an marlboro! (lacht)

Die meisten Subs entstehen ja als Gemeinschaftsprojekte. Wie kann man sich den Arbeitsablauf dabei vorstellen? Gibt es jemanden, der so ein Projekt in die Hand nimmt und dann nach Mitstreitern sucht? Wie wird die Zusammenarbeit koordiniert?

Am Anfang eines Projekts steht immer ein “Projektleiter”, der sich als Koordinator einer Serie annimmt. Der geht dann entweder gezielt auf Leute, die er kennt, zu und spricht sie an oder es wird im Forum nach einem Mitsubber gesucht. Da kann sich dann jeder “bewerben”, die letztendliche Entscheidung obliegt aber dem Projektleiter.

Die Zusammenarbeit wird dann ebenfalls durch den Projektleiter koordiniert, es ist also wie Projektarbeit in einem beruflichen Umfeld. Der Koordinator trifft die ganzen organisatorischen Entscheidungen wie Einteilung des Subs (bei zwei Leute die Hälfte, bei drei Leuten die Drittelaufteilung). Wenn ich ein Projekt leite, übernehme ich auch die Endkontrolle selber.

Der Arbeitsablauf ist dann wie folgt: Sobald die englische Vorlage da ist, wird zunächst die Einteilung vorgenommen. Das klingt einfacher als es ist. Ich versuche zum Beispiel immer darauf zu achten, dass bei zwei Leuten nicht einfach der Sub in zwei Teile geteilt wird und dann jeder lossubbt, sondern dass es einen Szenenwechsel gibt, sodass der Subberwechsel nicht zu sehr auffällt. Jeder übersetzt ja anders und das sieht man auch im Sub, daher versuche ich, die “Störung” möglichst gering zu halten. Bei drei Beteiligten ist das natürlich noch etwas schwerer.

Nach der Einteilung subbt dann jeder Subber seinen Teil und schickt ihn – durch die Rechtschreibprüfung geschickt – an den Projektleiter zurück. Der steckt den Sub wieder zusammen und macht entweder selbst die Abschlußkorrektur oder schickt sie an jemanden, der das übernimmt.

Danach wird er dann in das entsprechende interne Forum hochgeladen, im öffentlichen Forum verlinkt und dann ist er für alle zu haben! (schmunzelt)

Zur Koordinierung dienen dann alle möglichen Mittel. Ich benutze am liebsten ICQ, da dann ein direkteres Auseinandersetzen mit dem Mitsubber möglich ist. Es geht aber auch via privaten Nachrichten im Board oder per Mail.

Das klingt nach einer Menge Arbeit! Wie schafft ihr es denn, teilweise weniger als 24 Stunden nach Erstausstrahlung Untertitel für eine 45-Minuten-Folge zu liefern? Mir ist das zum Beispiel bei der vierten Staffel Breaking Bad aufgefallen.

Ja, das war schon was! (lacht)

Wir hatten mit The Hellraiser einen der besten VO-Überarbeiter [Anmerkung: “VO” steht für “Voice Originale”, die Sprache des Originals, die ja nicht immer Englisch sein muss], also jemanden, der die miesen Timings von Seiten wie Addic7ed.com in eine mehr als brauchbare Vorlage verwandelt. Jazzhead und ich haben uns dann so gegen 19 Uhr im ICQ getroffen, als wir beide von der Arbeit wieder zu Hause waren und dann losgelegt. Ich war meistens nach 2-3 Stunden mit meinem Teil durch und habe ihn Jazz geschickt. Er hat ihn dann noch korrigiert, da er bei dem Projekt der Leiter war und ist! (schmunzelt) Er hat – wie er sagte – meine “Geysire entfernt”, da musste ich laut lachen! Man muss aber auch fairerweise zugeben, dass Breaking Bad eine sehr bildgewaltige Serie ist, in der verhältnismäßig wenig gesprochen wird. Es gibt Serien – wie Pushing Daisies damals – die das Doppelte an Subitems haben, die zu übersetzen sind.

Ihr benutzt doch schon von Anfang an Spezialsoftware, oder? Wieso werden denn noch extra Leute für die Synchronisation eingesetzt, wie zum Beispiel der schon erwähnte Hellraiser (der wirklich hervorragende Arbeit leistet)?

Es ist leider so, dass der schnellste VO-Anbieter, die eben schon genannte Webseite Addic7ed.com, zwar ziemlich schnell seine englischen Vorlagen zum Download anbietet, die Einblendezeiten der Untertitel-Items aber meist ziemlich schlecht sind. Das führt dazu, dass etwas Gesprochenes nicht mehr mit dem Geschriebenen zeitgleich ist und deshalb den Zuschauer verwirren kann und wird. Aus diesem Grund gehört es zu einem hochwertigen Untertitel dazu, dass auch der Anzeigezeitpunkt als auch die Anzeigedauer eines Untertitel-Items optimal sein muss. Auf SubCentral gibt es mittlerweile eigens dafür abgestellte Menschen, die in mühseliger Kleinarbeit jedes einzelne Untertitel-Item überarbeiten, sodass es erst dann anzeigt wird, wenn der/die Schauspieler/in spricht und nicht früher oder später. Diese Arbeit haben die Subber früher zum Teil selbst gemacht und glaub mir, ich habe es echt gehasst! (lacht)

Wenn man niemanden findet, der einem die Timinigs überarbeitet, kann man aber auch zu einem vom Subber Nessi entwickelten kleinen Java-Tool greifen. Die italienische Subberseite italiansubs.net bietet wie SubCentral Subs an, allerdings keine VOs. Die Timings sind mit das Beste und die Seite eine der schnellsten, allerdings nur für Italiener. Das Tool mergt die beiden Subs, die italienischen mit den guten Timings und die englischen mit den schlechten Timings, sodass das Endprodukt eine englische Vorlage mit tollen Timings ist.

Zum Subben benutze ich das Tool Subtitle Workshop, ein auf Übersetzer zugeschnittenes Programm. Es gibt aber auch Subber, die die Vorlage im Notepad von Windows öffnen und darin subben. Ich finde aber den Komfort des STW, wie er abgekürzt wird, so gut, dass ich ihn nicht mehr missen möchte. Vor allem für die Endkontrolle und die Korrektur der Anzeigedauer von Subitems ist das Programm unerreicht.

Ich dachte mir, dass es spezielle Programme dafür gibt, immerhin hängt ja ein ganzes Berufsfeld davon ab. Apropos Beruf: Durch SubCentral werden ja ganz offensichtlich Werbeeinkünfte erzielt. Kommt davon auch etwas bei den Subbern an?

Kurze Antwort: Nein.

Das hat aber folgende Gründe: Die Unterhaltung des Servers verschlingt halt auch Geld und die Werbeeinnahmen reichen wohl gerade dazu aus, um die Kosten zu decken. Ein großer Gewinn fällt dadurch nicht ab, wenn ich richtig informiert bin.

Interessant. Das heißt, ihr werdet einzig und allein von leidenschaftlichem Fandom angetrieben! Möchtest du mir zum Abschluss vielleicht noch verraten, auf welchen Serienstart du dich gerade am meisten freust?

Ja, meine Bezahlung ist, wenn Du willst, die Downloadzahl meiner Subs und die Danksagungen im Thread.

Ich freue mich persönlich auf den Serienstart von Mad Men, ich werde sie aber aus persönlichen Gründen nicht mehr subben. Um ehrlich zu sein, bin ich gerade dabei, mich aus der Subbergemeinschaft zurückzuziehen, da mir es einfach durch meine berufliche Auslastung zu viel wird. Selbst bei The Big Bang Theory muss ich mich jeden Freitag neu motivieren.

Auch dass The Walking Dead wieder zurück ist, freut mich.

Auf die neue Staffel Mad Men bin ich auch sehr gespannt. Ich bedanke mich ganz ausdrücklich hier bei dir: Für die Zeit, die du dir genommen hast, für dieses spannende Gespräch und selbstverständlich für all die erstklassigen Untertitel! Und vielleicht findest du ja in Zukunft doch noch unverhoffterweise Zeit und Motivation für weitere Projekte. (schmunzelt)

Auch ich bedanke mich bei Dir für die Möglichkeit, den Alltag der namenlosen Subber mal etwas Gesicht zu verleihen! (schmunzelt) Wie sagt man so schön, die Hoffnung stirbt zuletzt. Ich will’s auch nicht ausschließen, wenn endlich mal Battlestar Galactica Blood and Chrome rauskommen würde, zum Beispiel! (lacht)

Das Interview wurde schriftlich geführt.
Florian Lehmuth
11. Februar 2012
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