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CD-Review: In The Mountain In The Cloud (Portugal. The Man)

Portugal. The Man In The Mountain In The Cloud

CC-BY-NC: Adamsfuller

Die Ramones, so will es die Legende, hatten eigentlich nur zwei Songs: Einen schnellen und einen noch schnelleren. Es dürfte niemanden gegeben haben, der ihnen das übelnahm. Manche Bands haben einen so einzigartigen Stil gefunden, dass man sich unweigerlich wünscht, sie würden nie wieder davon ablassen. Man darf Portugal. The Man ohne Weiteres zu dieser Gruppe zählen. 2004, also vor nunmehr sieben Jahren und sechs Studioalben, begann die Geschichte des Quartetts, das ursprünglich aus Alaska stammt. Ist ihr Name also nur verzweifelter Wunsch nach höheren Temperaturen? Man weiß es nicht. Verschlagen hat es sie seitdem jedenfalls nicht in das kleine Land auf der iberischen Halbinsel, sondern nach Portland, Oregon, was ja immerhin phonetisch ziemlich nahe beieinanderliegt.

Doch die Behauptung, es habe in der Geschichte dieser Band keine Weiterentwicklung gegeben, ließe sich beim besten Willen nicht halten. John Gourleys unverkennbare Stimme erreichte erst mit “Censored Colors” die gewohnte Höhe. Der charakteristische schrille Klang der Gruppe wurde dem breiten Publikum erstmals auf dem von Kritikern völlig zur Recht gefeierten “The Satanic Satanist” offenbart. Im Vorjahr folgte dann noch “American Ghetto”, vom Niveau jedoch ein gutes Stück darunter angesiedelt.

Portugal. The Man haben sich ihre Einzigartigkeit ganz offensichtlich mühsam erspielt. Wir wünschen uns, sie würden nie wieder von dieser Errungenschaft ablassen. Dieselbe Tonfolge bis in die Unendlichkeit wiederholen, mal vorwärts, mal rückwärts, schneller, langsamer.

Dieses Jahr erfreuen die vier umtriebigen Kerle ihre Hörerschaft mit dem Langspieler “In The Mountain In The Cloud”. Der Titel wird in seiner Extravaganz nur durch das Cover übertroffen, das zum wiederholten Male von Mastermind John Gourley gestaltet wurde. Bei mir läuft das Album seit zwei Wochen auf Heavy Rotation und entfaltet sich bei jedem Durchlauf nur noch intensiver. Ich bin schlichtweg begeistert.

“So American” schafft es, mir ab der ersten Sekunde ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern. Was bin ich froh, dass die Band sich genau so zurückmeldet, wie sie sich im Vorjahr verabschiedet hat. Dabei stand schon länger fest, dass kein Stilbruch zu befürchten sein würde. Zu den beiden Highlights “Got It All (This Can’t Be Living Now)” und “Sleep Forever” produzierte Regisseur Michael Ragen vorab einen 13-minütigen Kurzfilm, der mehr als sehenswert ist. Letztgenannter Song treibt die leidenschaftliche Wehmut zur Perfektion, stellt dabei aber einen deutlichen Gegensatz zum restlichen Material dar. Dort präsentieren sich Portugal. The Man nämlich schräg, unausgewachsen und frech wie immer. Die Texte laden zum Mitsingen und Nachdenken ein. In allen Liedern steckt unglaublich viel Energie, die scheinbar von der Bühne direkt ins Studio transportiert wurde. So wirkt die Formation stürmisch und ausgelassen, bei all der sympathischen Bescheidenheit dennoch pathetisch. Der verzerrte Gesang in Kombination mit den vielen Wiederholungen bewirkt eine geradezu magische Eingängigkeit. Die musikalische Bandbreite der reich instrumentierten Gruppe erhöht sich um eine weitere Dimension, wenn die glockenhellen Lead- mit den um einiges tieferen Background-Vocals kontrastieren, wie auf “All Your Light (Times Like These)” eindrücklich präsentiert wird.

Der geneigte Leser entschuldige bitte meine unverhohlene Euphorie: Hier haben sich gerade vier hochgradig talentierte Künstler zu meinen absoluten Lieblingsbands gespielt.

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Florian Lehmuth
24. Juli 2011
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