Proudly made on earth

Eine Enttäuschung für Europa

Europawahl 2009

CC-BY-NC-SA: Malik Braun

Vom 4. bis zum 7. Juni hatten 375 Millionen Menschen die Möglichkeit, Europa zu verändern. Einen Tag nach Bekanntgabe der letzten Ergebnisse bleibt mir jedoch immer noch ein mulmiges Gefühl. Vor allem die geringe Wahlbeteiligung – in Deutschland immerhin 42,5%, in anderen Ländern, wie zum Beispiel der Slowakei, nicht einmal ein Fünftel der Wahlberechtigten – schockiert mich. Für die Deutschen war die Europawahl eher ein Test für die Bundestagswahlen im September, die Briten wollen Labour für den Spesenskandal abstrafen – irgendwie schien kein Mensch die Bedeutung dieser Wahlen erkannt zu haben.

Einzig die Grünen, die zum Glück einen knappen Rekordwert erreichten, haben ihren Wahlkampf auf europäische Themen ausgerichtet. Mir hat die WUMS-Kampagne gut gefallen, auch wenn sich über das Wort streiten lässt. Sie liefert eine klare Vision, wie unser Kontinent in Zukunft aussehen soll: Neue Arbeitsplätze und gerechte Löhne, ohne den Klimaschutz zu vernachlässigen, eine zentrale Finanzaufsicht, Ausstieg aus der Atomenergie, eine gerechtere Einwanderungspolitik und noch vieles mehr. Auch in Sachen Netzpolitik haben die Grünen einen eindeutigen Standpunkt für den Schutz der Bürgerrechte und die Einführung einer Kulturflatrate.

Welche andere Partei konnte schon mit einem so eindeutigen und vielversprechenden Programm aufwarten?

In Anbetracht dessen finde ich die 12% immer noch mager, auch wenn die Sprüche “drittstärkste Kraft” und “nur acht Prozentpunkte hinter der SPD” Freude machen.

Alles in allem zeichnet sich in ganz Europa eine verstärkt konservative, euroskeptische Stimmung ab – was sehr schade ist. Gerade in Zeiten wie diesen sollte doch jeder begreifen, dass nur alle zusammen die Krise bewältigen können. Dass die FDP mit ihrer marktliberalen Politik aufgerechnet jetzt so aufgetrumpht hat, ist wirklich enttäuschend. Die Sozialdemokraten sollten sich jetzt bald etwas neues ausdenken, sonst fällt der Status “Volkspartei” spätestens im September weg. Dass da die “bürgerliche Mitte” lieber zur Union rennt, war ja klar.

Florian Lehmuth
8. Juni 2009
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