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Es waren einmal 140 Zeichen …

Wallpaper 140 Characters

Schon fast ein Jahr lang twittere ich jetzt belanglose Nebensächlichkeiten in die Welt hinaus. Motiviert vom medialen Hype in diesem Frühjahr war mein ursprünglicher Plan eigentlich, dieses Blog hier ein wenig bekannter zu machen. Geklappt hat das natürlich nicht sonderlich gut, dafür habe ich in zehn Monaten viele interessante Menschen kennengelernt, bin über zahlreiche Links gestolpert, die mich völlig begeistert haben, und konnte ganz nebenbei durch meine eigene Aktivität die Content-Flaute auf floffimedia wunderbar kompensieren.

Natürlich will ich mit dieser Einleitung nicht meinen Ausstieg aus dem Microblogging bekanntgeben. Ich habe mir nur in letzter Zeit einige Gedanken über den Kurs von Twitter gemacht und möchte im Optimalfall eine kleine Diskussion mit euch anregen. Denn anders als zu den Urzeiten des Dienstes begrüßt uns heute nicht mehr täglich der Fail Whale auf der Startseite, haben sich Rituale wie der Follow Friday fest etabliert, kann man längst nicht mehr nur von der Website aus seine Nachrichten verbreiten.

Ich habe es von Anfang an sehr begrüßt, dass sich Twitter praktisch nur auf die Abwicklung der Texte begrenzt hat. Auch als überall die URL-Shortener aus dem Boden schossen und Drittanbieter wie Twitpic immer populärer wurden, speiste man die Services nicht dem Konzern ein. Twitter selbst blieb somit ziemlich ballaststoffarm und war auch für Neueinsteiger immer noch einigermaßen verständlich. Die Sache ging lange Zeit gut, doch irgendwann schien in San Francisco ein Kurswechsel beschlossen worden zu sein.

Es wurde das Listen-Feature eingeführt, eine im Grunde ganz nette Idee, die in sofern ganz nützlich ist, als man seine Freunde besser organisieren kann, die aber gar nicht notwendig gewesen wäre, da die meisten Twitter-Clients sowieso schon die Möglichkeit bieten, verschiedene Kontakte zu gruppieren. Die Listen stiften also nur zusätzliche Verwirrung, weil man mit ihnen plötzlich seltsame Tweets zu lesen bekommt, obwohl man deren Urhebern gar nicht folgt.

Dabei blieb es nicht: Die schon seit Ewigkeiten verbreitete Angewohnheit, interessante Texte zu wiederholen und mit einem “RT @autor” zu versehen, sollte endlich ins “offizielle” Programm von Twitter aufgenommen werden. Kurzum, die Geschichte hätte nicht schlimmer ablaufen können. Nicht einmal die eingefleischtesten Microblogger konnten der Logik folgen, in welchem Fall welche Person welchen Retweet zu sehen bekommt (Marcel hat übrigens einen interessanten Artikel zu diesem Thema verfasst, der euch sicherlich verzweifeln lässt).

Der Kerngedanke hinter Twitter, in 140 Zeichen regelmäßig anderen sein Leben zu offenbaren, was dem “Echtzeitweb” schon sehr nahe kommt, droht hinter der schlechten Usability zu verschwinden. Schon vor der technischen Aufrüstung war vielen nicht klar, in welchem Fall welche Person ein @reply oder ein “RT @username” sieht. Statt solche Missstände zu beseitigen, wurden nur viel größere geschaffen. Man kann nach wie vor nicht vernünftig auf Twitter.com nach alten Tweets suchen, stattdessen muss man dazu Google bemühen. Solche Dinge sollten die Anbieter einfach zuerst angehen, anstatt für noch mehr Verwirrung zu sorgen.

Twitter besitzt so viel Potenzial. Ich kenne kein authentischeres, schnelleres, direkteres Medium. Als Benutzer bekomme ich oft das Gefühl, direkt in die Köpfe der anderen sehen zu können. Man kann interessante Diskussionen führen, neue Freunde finden oder ein Geschehnis zum Ereignis werden lassen. Twitter ist der Pfeiler, der die Zukunft des Internets trägt: Die ständige Vernetzung. So etwas großes darf nicht an ein paar Bedienungsfragen scheitern.

Ich bin gespannt, was ihr dazu sagt.

Florian Lehmuth
14. Dezember 2009
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