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Serienwahn: Breaking Bad

Schwarzer Humor ist etwas Großartiges. Zum einen ermöglicht er, relativ einfach mit Themen wie Krankheit, Gewalt, Tod umzugehen. Man lacht eben. Andererseits ist er gerade deshalb so viel tiefgründiger als bloße Ironie oder Witz. Wenn also ausgerechnet eine US-amerikanische Serie diese Art der Komik bis zur Perfektion treibt, ist höchstwertige Unterhaltung garantiert. Ganz wie im vorliegenden Fall.

Walter White ist gerade fünfzig geworden, seine Frau Skyler hochschwanger, der sechzehjährige Sohn körperlich behindert. Die Anstellung als Chemielehrer wird seiner Qualifikation als genialem Wissenschaftler nicht gerecht, das Geld ist sowieso knapp, der Nebenjob in der Autowaschanlage fürs finanzielle Überleben unabdingbar. Dann kommt die erschütternde Diagnose: Walter leidet an Lungenkrebs im Endstadium. Durch Zufall gerät er bei einem Einsatz seines Schwagers, erfolgreicher DEA-Agent, in die unterste Ebene des gigantischen Drogengeschäfts an der Grenze zu Mexiko. Mit einem ehemaligen Schüler beginnnt er, in großen Mengen Crystal Meth zu kochen. Schließlich muss eine Chemotherapie bezahlt werden und die Familie soll nach dem Ableben gut versorgt sein.

Selbstverständlich bleiben die Probleme nicht aus. Der Vertrieb des Meths muss irgendwie abgewickelt werden, die zwei Hauptprotagonisten kommen anderen Dealern in die Quere, es gibt erste Leichen. Zuhause verstrickt sich Walter immer mehr in die absurdesten Lügengeschichten, die Frau macht sich zunehmend Sorgen, weil ihr Ehemann ohne Erklärung für Stunden und Tage verschwindet.

Die Story ist so weit hergeholt also nicht, bei aller Groteske wirkt sie immer noch ziemlich authentisch und replizierbar. Großartig wird die unter der Leitung von Vince Gilligan entstandene Serie erst, weil sie das absolute Maximum aus einem Format von je 45 Minuten pro Episode herausholt. Statt Tempo wird hier die totale Entschleunigung praktiziert. Schneller Schnitt, Verfolgungsjagden, Explosionen – alles völlig unnötig. Vielmehr spielt sich der Großteil von Breaking Bad ganz nach dem Prinzip der hohen Kunst im Kopf des Betrachters ab. Begünstigt wird dies ganz sicher durch die hervorragende schauspielerische Leistung von Bryan Cranston und seinem Partner Aaron Paul, mit denen sich der Zuschauer bestens identifizieren kann. Nur, damit sie diese Sympathie im nächsten Augenblick wieder zerstören, um sie fünf Minuten später erneut aufzubauen. Den Höhepunkt bilden aber nach wie vor die urkomische Szenen, die erst ungläubiges Erstaunen, dann leises Glucksen und schließlich schallendes Gelächter hervorrufen. Womit wir wieder beim Humor wären. Und der ist schließlich bei aller Ernsthaftigkeit immer noch das Beste an diesem funkelnden Kleinod der ach so maroden Fernsehlandschaft.

Florian Lehmuth
18. Dezember 2010
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