Proudly made on earth

Serienwahn: Fringe

Endlich wieder eine Serie, die mich das Gruseln lehrt. Dachte ich. Dann nämlich, wenn ich nach Ende der neuesten Episode ob der fortgeschrittenen Uhrzeit etwas reuevoll den Fernseher ausschalte oder viel eher das Laptop zuklappe und eigentlich nur noch einmal vor dem Schlafengehen ins Bad möchte. Doch auf dem Weg durch die stockdunkle Wohnung spielen sich im Hinterkopf dann plötzlich die grausamsten Horrorszenarien ab. In besonders schaurigen Nächten sehe ich gedanklich immer noch das Gesicht des Albino-Kindes, das sein ganzes Leben unter der Erde verbracht hat, draußen an der Scheibe kleben.

Aber Moment mal – eigentlich interessiere ich mich kein Stück für Horror. Dann schon viel eher für die parawissenschaftlichen bis abstrusen Phantastereien, die in guten Fällen in “The Science Of”-Blogposts münden, in schlechten Fällen jedoch auf dem fruchtbaren Nährboden der Unwissenheit der Zuschauer Hirngespinnste zur neuen Realität aufbauschen. Bevor mich Walter White davon überzeugte, dass Chemielehrer die coolsten Menschen des Universums sein können, war Walter Bishop mein heimlicher Held und sorgte dafür, dass mein Interesse für Naturwissenschaften wieder neu entflammte. Ich war jung und naiv.

Die Rede ist von Fringe, dessen Pilotfilm ich vor etwas mehr als einem Jahr zu Gesicht bekam und das ich anschließend bis zur dritten Staffel in mich aufsog. Selbige lief zu dieser Zeit gerade erst in den USA an, ich hielt es noch einige Episoden lang aus, konnte die ständige deprimierende Mittelmäßigkeit dann aber nicht mehr ertragen, hatte genug von dem künstlich gedrosselten Erzähltempo und entwickelte nebenbei sowieso schon so etwas wie einen ersten eigenen Geschmack. Irgendwie muss meine Hassliebe zu der Serie aber erst nach der vorläufigen Trennung richtig ans Licht gekommen sein, jedenfalls stieg ich wieder in der Mitte von Season 3 ein, als die deutsche Synchronisation überraschend flink auf ProSieben nachgereicht wurde. ProSieben hierzulande, Fox in den Vereinigten Staaten – schon bei den verantwortlichen Sendern sollte man eigentlich stutzig werden, auch Macher J. J. Abrams sticht eher weniger als Höhepunkt der Filmgeschichte hervor.

Der Plot an sich ist gar nicht so unintelligent und greift viele metaphysische Mythen auf, die einem schon irgendwie bekannt vorkommen. Da gibt es Telepathie und Telekinese, Zeitreisen, Selbstenzündungen und ab und an sogar die gute, alte Drogenverherrlichung. Bedauerlich, dass es ausgerechnet Anna Torv zur Hauptdarstellerin geschafft hat, andererseits passt hier eine eher unsympathische Schauspielerin auch recht gut zu ihrer eher unsympathischen Rolle. Joshua Jackson spielt Peter Bishop und weckt leider weder positive noch negative Emotionen. Sein Serienvater John Noble erfüllt seinen Part hingegen mit Bravur, ist er doch geradezu die Inkarnation des stereotypischen schrulligen Wissenschaftlers und weiß als solcher zu begeistern. Die bezaubernde Jasika Nicole als Astrid Farnsworth sorgt gerade noch dafür, dass auch die weibliche Seite einigermaßen zufriedenstellend repräsentiert wird. Schauspielerische Exzellenz wird man vielleicht auch aufgrund der Regie nicht finden, verdichten sich ein paar Szenen, in denen fast schon so etwas wie Gefühl aufkommt, wird das von Seiten der Drehbuchautoren zudem sofort mit sinnloser Action und plumpen Effekten quittiert. Außerdem wird man nach anfänglicher Verwirrung sowieso schnell Zeuge davon, wie die Handlung sich ständig im Kreis dreht, das Ermittlerteam verursacht mehr Schaden, als es jemals beheben kann, und wichtige Schritte werden immer weiter aufgeschoben, als müsse man sich krampfhaft noch Stoff für die nächsten zehn Staffeln aufbewahren.

Fringe kann man machen, muss man nun aber wirklich nicht. Dafür wartet da draußen einfach noch viel zu viel anspruchsvolles Material, dass erst gesichtet werden möchte, bevor wir uns niveautechnisch ins Souterrain begeben.

Nichtsdestotrotz sei darauf verwiesen, dass die Premiere der vierten Staffel der Serie heute, Freitag (der in den USA noch immer herrscht), um 9/8c bei Fox ausgestrahlt wird. Bei uns entspricht das Samstagmorgen, drei Uhr. Lange dauert es gar nicht mehr.

Gesponsert von der Gesellschaft für Blogposts, die klingen, als hätte sie jemand unter dem Einfluss stark bewusstseinsverändernder Substanzen verfasst.
Florian Lehmuth
24. September 2011
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