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HTC Desire: Das Drittgerät im Alltag

Vor einigen Wochen stürzte mein Netbook unglücklich vom Fahrrad und brach sich den Bildschirm. Ein tragischer Verlust, den ich nicht einfach so hinnehmen konnte. Ich bestellte ein Ersatzdisplay und tauschte das defekte selbst aus – die einzige Möglichkeit, das Gerät überhaupt noch zu retten. Eine professionelle Reparatur hätte den Neuwert des Netbooks weit überstiegen. Der Punkt: Ich hätte niemals auf das kleine Laptop verzichtet und im Notfall wohl auch ein paar hundert Euro für ein neues bezahlt. Von meinen drei Geräten steht das Netbook in der goldenen Mitte zwischen Desktoprechner und Smartphone.

Doch weshalb eigentlich gleich drei? Es wäre zu schön, alle meine Bedürfnisse mit einem vielseitigen Rechner zu decken. Vermutlich wird das demnächst auch endlich möglich sein, doch im Moment hängt der Verwendungszweck eines Geräts vornehmlich von vier Größen ab: Leistung, Ausdauer, Mobilität und (Display-)Größe. Je mehr Leistung, desto weniger Ausdauer – die Akkus liefern zur Zeit einfach noch viel zu wenig Energie, die von Prozessoren, Grafikchips und anderen Bauteilen viel zu schnell verbraucht wird. Um richtig arbeiten zu können, braucht man meist ein gutaufgelöstes, großes Display – das allerdings wiederum die Mobilität einschränkt.

Um alle Bereiche ausreichend abzudecken, müsste das Gerät der Zukunft also den Spagat zwischen Leistung, die nicht zu viel Energie kosten darf, und stromspeicherkräftigen Akkumulatoren bewältigen. Die Mobilität darf natürlich nicht eingeschränkt werden – Smartphones haben die ideale Größe, um platzsparend in der Hosentasche verstaut zu werden, und trotzdem noch gut bedient werden zu können. Fehlt also noch das Display. Das iPhone 4 liefert hier ja schon eine vergleichsweise gute Auflösung, doch das Wundergerät soll ja auch ganze Desktop-Boliden ersetzen können. Ein falt- oder rollbarer Bildschirm wäre unter Umständen praktisch – in der U-Bahn auf Smartphone-Größe getrimmt, im Büro entfaltet oder entrollt, um in 27-Zoll-Größe alle wichtigen Inhalte großzügig darstellen zu können. Man könnte natürlich auch gleich zur beamerartigen Projektion greifen. Oder zum Hologramm. Aber zu unrealistisch sollte diese Vision ja nicht werden, sonst müsste ich wahrscheinlich auch Gehirnimplantate und anderen Science-Fiction-Kram erwähnen.

Die Dateneingabe habe ich, wie aufgefallen sein dürfte, noch komplett vernachlässigt; im Falle von Beamern müsste man wohl mit Gestensteuerung arbeiten – wo ich doch bei meinem Netbook gerade die physische Tastatur im Vergleich zu Tablets so sehr schätze. Kommen wir also zurück zur klassischen Drei-Geräte-Theorie. Der Desktoprechner ist unersetzlich, weil Photoshop schnell und stabil läuft. Weil ich eine echte Maus und echte Tastatur, bisweilen gar ein Grafiktablett benutzen kann. Weil ich in ein paar Minuten eine Festplatte an- oder abkoppeln kann oder auch einige Gigabyte Arbeitsspeicher problemlos nachrüsten. Weil ich ein Display mit Full-HD-Auflösung verwenden kann. Oder zwei. Weil ich auf LAN-Partys nicht mit dem Netbook aufkreuzen kann. Und aus tausend anderen Gründen. Doch das Netbook ist mindestens ebenso wichtig, denn damit kann sitze ich genauso bequem auf dem Sofa wie im Zug, im Freien auf der Bank wie im Flugzeug auf dem Weg in den Urlaub. Bewege ich mich (wie in 90% der Zeit) im Webbrowser, fällt der Geschwindigkeitsunterschied zum Desktoprechner auch kaum auf. Ich verneine übrigens nicht, dass diese Funktionen auch ein gutes Tablet ersetzen kann, nur schwöre ich, wie schon erwähnt, auf die physische Tastatur.

Das Smartphone hat in der Drei-Geräte-Theorie zugleich den unsichersten Stand und das größte Potential. Geschwindigkeit, Akkuleistung, Displaygröße – der Winzling ist seinen größeren Konkurrenten stark unterlegen. Doch der große Vorteil ist seine Mobilität. Zweihundert Gramm mehr oder weniger in der Tasche machen keinen Unterschied. Man kann also ruhig davon ausgehen, dass das iPhone, Desire oder wie es auch heißen mag, in jedem Fall immer dabei ist. Dieser Umstand ließe sich bestens ausnutzen, doch in Wirklichkeit sind wir noch weit davon entfernt. Das kleinste Gerät ist am besten dazu geeignet, digitales Leben mit realer Existenz zu verknüpfen. Man könnte mit dem Smartphone alle technischen Einrichtungen des Alltags steuern – Beleuchtung, Heizung, Fernseher und Stereoanlage, Auto und natürlich auch Netbook und Desktoprechner. Nicht, dass dies heute noch unmöglich wäre – es ist einfach nur zu umständlich, das Smartphone viel zu schlecht in den elektronischen Kreislauf integriert.

Für mich als Konsumenten bedeutet das, dass sich ein Smartphone zum Preis von guten fünfhundert Euro derzeit nicht wirklich lohnt. Im Vergleich zu Laptop/Netbook/Tablet und Desktop-PC/iMac/etc. lässt sich das Preis-Leistungs-Verhältnis eines HTC Desire noch deutlich verbessern. Die Hardware ist dabei ja schon vorhanden und größtenteils sehr zufriedenstellend. Mit iOS und Android existieren zwei zukunftsträchtige Plattformen, auf deren Softwaregerüste man Großartiges aufbauen kann. Es fehlt die direkte Einbindung in unser aller Leben. Aufwachen und vom Smartphone aus Kaffee machen und Brot toasten; von der Arbeit nach Hause fahren und die Heizung anschalten, damit die Wohnung warm ist, wenn man ankommt: Das ist für mich der Sinn eines intelligenten Mobiltelefons.

Natürlich ist dieser Aufsatz sehr spekulativ geworden, aber Visionen machen nun einmal großen Spaß, allein, um in ferner Zukunft darüber lachen zu können. Wer bis dahin mitgelesen hat: Danke für eure Aufmerksamkeit! Ich freue mich auf eure eigenen Meinungen und Gedankenspiele.

Florian Lehmuth
27. Oktober 2010
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