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Testbericht: Jawbone JAMBOX

Mehr als mobil: JAMBOX

Wir können momentan dabei zusehen, wie eine ganze digitale Generation mit Lo-Fi-Technik aufwächst. Sie betrachtet die Welt durch ihre winzigen Handydisplays und YouTube-Videos mit einer vertikalen Auflösung von 360 Pixeln. Sie hört die angesagtesten Songs in MP3-Kodierung, einem mittlerweile fast zwanzig Jahre alten Standard. Die Datenraten sind selten höher als 128 Kilobit pro Sekunde. Als Abspielgeräte dienen nur zu oft die integrierten Lautsprecher von Mobiltelefonen, die viel eher ein dumpfes, knackendes Rauschen von sich geben als wirkliche Musik.

Natürlich habe ich solch eine Phase selbst auch durchlebt, doch mit der Zeit steigen die Ansprüche, gerade auf den Gebieten, mit denen man sich tagtäglich leidenschaftlich beschäftigt. Neben der Arbeit am Rechner lasse ich mich ständig mit künstlich beschallen. Viele Stunden täglich. Was läge da näher, als einen brandneuen, mobilen Lautsprecher zu testen, der Qualität mit raffiniertester Technologie verbindet?

Jawbone hat mich schon einmal mit einem Bluetooth-Headset überrascht, das Umgebungsgeräusche filtert. Jetzt präsentiert das US-Unternehmen die JAMBOX, ein tragbares Lautsprechersystem mit eingebautem Akku und einer Leistung von 2 x 2 Watt. Doch das ist nicht alles: Um echte Bewegungsfreiheit zu garantieren, koppelt man das Gerät am besten via Bluetooth mit Smartphone, Tablet, Netbook oder Desktop-PC. Sollte dann einmal die kleine Telefonkonferenz zwischendurch anstehen, kümmert sich das Wunderkästchen auch darum. Ein in seinem Inneren verstecktes Mikrofon zeichnet alle Geräusche auf, während der Lautsprecher selbst die Stimme des Gegenübers so lautstark und klar wiedergibt, das selbst die Zuhörer in den letzten Ecken des Konferenzraums noch alles verstehen können.

Fügt sich nahtlos in die Umgebung ein: JAMBOX

Soweit die Theorie. Selbstverständlich konnte ich nicht widerstehen, die Box persönlich in die Hand zu nehmen. Schon beim Auspacken zeigt sich, dass Jawbone auch nicht an den kleinsten Details spart. Zwar ist die Verpackung auf dem deutschen Markt nicht ganz so einfallsreich gestaltet wie im Original, doch schon das nützliche Zubehör gleicht das wieder aus. Mitgeliefert wird ein 30cm langes USB-Kabel und ein zerlegbares Ladegerät mit USB-Buchse, das die JAMBOX auch über eine gewöhnliche Steckdose Energie tanken lässt. Ein weiteres 3,5mm-Audiokabel garantiert den steten Musikzustrom auch ohne bluetoothfähige Abspielstation, eine schicke schwarze Hülle mit Magnetverschluss schützt beim Transport vor Beschädigungen.

Kommen wir endlich zur Box selbst. Mit gut 15cm Länge, 5cm Höhe und 4cm Tiefe ist sie wirklich sehr kompakt geraten, dafür verleihen ihr die 350 Gramm ein angenehmes Gewicht, das von Wert zeugt. Zur Bedienung müssen drei Knöpfe und ein Schalter ausreichen. An der Oberseite sind ein großes Plus und ein Minus für die Lautstärkeregelung verantwortlich und lassen den Lautsprecher ein wenig wie einen überdimensionierten Legostein aussehen, direkt daneben befindet sich die kreisrunde Sprachtaste, die mehrere Funktionen erfüllt. Mit ihr lassen sich Anrufe annehmen und beenden, die Sprachwahl starten und den Ladezustand ansagen. Der Ein- und Ausschalter an der Seite bringt den Lautsprecher auf Wunsch auch in den Bluetooth-Pairing-Modus und gibt den aktuellen Status durch einen blinkenden LED-Ring wieder. Für die hervorragende Gestaltung zeichnet der renommierte Schweizer Industriedesigner Yves Béhar verantwortlich, der unter anderem auch dem OLPC-Laptop sein charakteristisches Aussehen verliehen hat. Mein Testgerät trägt, wie man sehen kann, das leuchtend rote Red Dot. Daneben stehen noch die Farben Blue Wave, Black Diamond und Grey Hex zur Verfügung, jeweils mit einer individuellen Oberflächenstruktur.

Wie klingt die JAMBOX?

Beim ersten Einschalten werde ich wie auch jedes weitere Mal von der Wucht des Starttons überwältigt. Er liefert einen guten Vorgeschmack darauf, wie laut die Mini-Anlage werden kann, wenn man denn möchte. Also schnell aus Mangel eines Bluetooth-Sticks den Klinkenstecker eingestöpselt und voll aufgedreht. Wow. Die Lautstärke ist wirklich ganz nach meinem Geschmack! Der Hersteller gibt sie mit 85 Dezibel an, ohne selbst nachgemessen zu haben, traue ich das dem Kästchen durchaus zu. Damit könnte man wahrscheinlich eine mittelgroße Party spielend mit dem richtigen Sound befeuern. Aber knackt da nicht etwas? Wenn man ganz genau hinhört, bemerkt man auch ein dauerhaftes Hintergrundrauschen. Logisch: Der Ton wird ja analog über das Kabel übertragen. Die Anleitung empfiehlt in diesem Fall, die Eingangslautstärke zu reduzieren und das Signal stattdessen in der JAMBOX zu verstärken. Schon klingt alles viel besser. Bei der drahtlosen Verbindung fallen dann auch diese kleinen Störgeräusche weg und es bleibt nur noch glasklarer Klang übrig. In meinem Test lassen sich iPad und iPod Touch problemlos koppeln, nicht einmal das obligatorische Standardpasswort “0000” wird benötigt.

Für den etwas holprigen Anfang bin also nur ich selbst verantwortlich. Meine Begeisterung steigt demnach im Folgenden mit jeder Stunde Probehören. Der Schwachpunkt aller kleinen und günstigen Lautsprecher sind die Bässe, doch die JAMBOX trumpft auf diesem Gebiet erst richtig auf: In den Spezifikationen werden 60 – 20.000 Hertz gelistet und, ob Simulation oder nicht, das Gerät erzeugt im Niedrigfrequenzbereich richtig satte Klänge, die die Box des Öfteren auch einmal auf ihrem Untergrund hin- und herwandern lassen. Im Allgemeinen wirkt der Output keineswegs matschig, dumpf oder verschwommen, sondern ziemlich feinauflösend und detailreich. Dass das Lautsprechersystem trotzdem nicht mit einer größeren, teureren Stereoanlage mithalten kann, ist klar, doch der größte Vorteil der JAMBOX ist ja gerade ihre Mobilität. Ich würde sagen, Jawbone hat den bestmöglichen Kompromiss aus Beweglichkeit und Qualität erreicht. Trotz der kompakten Bauweise besteht das Unternehmen auf dem Prädikat Stereo. Zwar lassen sich die beiden Kanäle tatsächlich gut unterscheiden, von echtem Raumklang ist der Winzling aber noch weit entfernt.

Auch in vier Metern Höhe zuverlässig wie immer: JAMBOX

Explizit beworben wird außerdem die MyTALK-Software, die das Anpassen und Aktualisieren des Kästchens erlauben soll. Der Download des Programms klappte bei mir leider nicht im aktuellen Firefox 6.0, ich musste zu Chrome wechseln. Halb so schlimm. Das Angebot an Updates und Applikationen sieht allerdings noch ziemlich bescheiden aus: Neben einer kleinen Überarbeitung der Bedienweise bleibt nur noch die Änderung der Systemsounds in verschiedene englische oder internationale Stimmen. So ganz ist mir aber sowieso nicht klar, wie die JAMBOX softwareseitig noch erweitert werden kann.

Als letzter Streitpunkt bleibt der Preis. Zugegeben: Die UVP von 200€ ist ziemlich hoch angesetzt. Kleine, tragbare Lautsprecher, die man aufklappen und in ihrem Inneren Batterien und Abspielgerät verstauen kann, gibt es mittlerweile an jeder Ecke für wenige Euros oder als Werbemittel komplett geschenkt. Ein wenig teurer kommen dann die klassischen PC-Boxen, die unter Umständen schon einen recht ordentliche Klang liefern. Aber keines dieser liefert ein so rundes Gesamtpaket ab, wie es die JAMBOX tut. Ich fahre beispielsweise zur Zeit ein Auto ohne Radio. Die JAMBOX erfüllt dessen Aufgabe nicht nur mit Bravur, obendrein kann ich sie beim Aussteigen ganz einfach zum nächsten Einsatzort mitnehmen. Der befindet sich dann beispielsweise neben dem Netbook. Endlich kann ich meinen Freunden die neuesten musikalischen Entdeckungen angemessen präsentieren oder selbst ganze Alben hören, ohne dass lästige Kopfhörer auf die Ohren drücken.

Fazit: Mir fallen tatsächlich keine bedeutsamen Kritikpunkte an der JAMBOX auf. Das liegt vor allem an ihrer minimalistischen Konzeption: Sie erfüllt eine Aufgabe, und das hervorragend. Ein Gerät, das sich auf eine einzige Funktion beschränkt – wann gab es das zuletzt?

Das Designerstück ist ab sofort bei T-Mobile, im Apple-Store oder direkt auf der Website des Herstellers verfügbar.

Florian Lehmuth
3. August 2011
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