Lima: Eine Geschichte zweier Städte

Diese Geschichte soll von Verständigung handeln, von Menschlichkeit.
In einer Stadt voller Mauern, Eisentore und Wachposten kreuzen sich die Wege von Arm und Reich nur selten. Es mag passieren, wenn die Kinder zweier sehr verschiedener Familien über den gleichen Spielplatz toben. Wenn eine schwarze Limousine an einer roten Ampel hält und eine jugendliche Verkäuferin einem mittelalten Geschäftsmann eine Flasche Wasser reicht, auf dem Weg zu einem vermeintlich wichtigen Meeting. Oder wenn ein Student, der vom Geld seiner Eltern lebt, beobachtet, wie eine mittellose Surferin die Wellen bezwingt.
Die Orte, die diese Begegnungen möglich machen—die Straße, der Strand, die öffentliche Bibliothek—sind rar gesät und scheinen zu schrumpfen, nicht nur in Lima, überall auf der Welt. Obendrein wirkt es, als nähmen die Leute auch an diesen Orten kaum noch Notiz voneinander, bevor sie dorthin zurückkehren, wo sie vermeintlich hingehören, oder von wo sie nicht entkommen können.
Nach dieser deprimierenden Wendung soll die Geschichte mit einer Reihe von Bilder enden, einer Nebeinanderstellung gegenläufiger Existenzen, die so oft aneinander vorüberziehen, ohne eine Spur zu hinterlassen. Erlösung naht. Menschlichkeit ist möglich.
So viel zum Aufbau. Was fehlt ist die Tatsache, dass jede Geschichte eine Erzähler*in hat, und der Erzähler dieser Geschichte sitzt in einem Uber, auf dem Weg zu einer Ausstellung über peruanische Punk-Kultur im Museum für zeitgenössische Kunst.
Was ich von dieser Stadt sehe, sehe ich durch den Sucher einer Kamera, die aus dem Fenster eines fahrenden Autos blickt. Ich sehe Glastürme, die ein Meer aus roten Ziegeln überragen, als würde jemand eine exklusive zweite Etage über lange gewachsenen Stadtvierteln errichten wollen. Ich sehe eine gewaltige Autobahn, die mitten durchs Zentrum führt, als sei die Stadt von einer immensen Kraft entzwei gerissen worden, um eine bequeme Durchfahrt zu ermöglichen, ohne die belebten Straßen passieren zu müssen.
Ich sehe meinen eigenen Platz in dieser Landschaft und stelle fest, dass er viel näher an den Bürogebäuden und gepflegten Rasen liegt als an einem bescheidenen unverputzten Familienhaus. Die gewaltige Autobahn wurde auch für jemanden wie mich gebaut. Je mehr Platz ich für mich selbst beanspruche, desto mehr stehle ich anderen, und die beiden Welten rücken weiter und weiter auseinander.
Ich bin nicht der neutrale, passive Beobachter, der ich gerne wäre.
Nachdem ich die Aussicht von Miraflores in mich aufgesogen habe, beginne ich nach einem offenen Netzwerk zu suchen, um die Rückfahrt zu organisieren. Es dauert länger, als ich erwartet habe, und rückblickend kann ich nicht mehr sagen, ob es das Signal vom Luxushotel oder vom Einkaufszentrum ist, das funktioniert. Es ist eine lange Fahrt, die mich weit weg vom Stadtzentrum führt, aber als ich in die laute, schmucklose Straße zurückkehre, in der meine Unterkunft liegt, fühle ich mich sofort zuhause.
Was die Erlösung betrifft, habe ich meine Prognose etwas nach unten korrigiert.











