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la revolución no será incomible

Rhabarberbäckerei

Veganer Rhabarberkuchen

Rhabarber: Was für ein komisches Wort. Was für eine regelrechte Einladung zu logischen und unlogischen Wortspielen! Seinen Ursprung hat der Begriff im Mittellateinischen rheu barbarum, also ›fremdländische Wurzel‹. Über einen Umweg durch das Italienische gelangte er dann zu seinem Platz in der deutschen Sprache.

Die Betonung der Herkunft ist nicht ganz unangebracht, schließlich kommt das Knollengewächs aus dem Himalaya und den Gebirgen Zentralasiens. In der chinesischen Medizin werden die gemahlene Wurzeln seit Jahrtausenden als Abführmittel verwendet. Über die Seidenstraße gelangte das Pulver nach Europa und erzielte dort höhere Preise als Zimt oder Opium. Seine Beliebtheit erklärt sich auch durch die Kolonialgeschichte: Das Buch Tropenhygiene. Mit spezieller Berücksichtigung der deutschen Kolonien von 1902 empfiehlt Rhabarberpillen »zur Behandlung von Krankheiten des Verdauungskanals.«

Mehr als Medizin

Erst im 19. Jahrhundert gelangten lebende Rhabarberwurzeln nach Frankreich. Die dort angebauten Pflanzen wurden jedoch als medizinisch unbrauchbar deklariert, weil sich unter den klimatischen Bedingungen Mitteleuropas nicht genügend Wirkstoffe herausbildeten. Stattdessen entdeckte man, als Zucker für die Massen erschwinglich wurde, die Vorzüge des Rhabarbers in der Küche. Die Grundlage für Kompott, Marmelade und Gebäck war geschaffen.

Es gibt neben seiner Etymologie noch eine zweite Eigenart des Wortes Rhabarber. Damit kann nämlich nicht nur die Pflanze, sondern laut Duden ebenso häufig auch ›unverständliches, undeutliches Gemurmel‹ gemeint sein. Das ist mir neu.

Beim Theater wird die Phrase »Rhabarber, Rhabarber« mantrahaft wiederholt, um den Eindruck energischen Getuschels zu erwecken. Betende machen von ihr Gebrauch, wenn sie Gedächtnislücken überspielen wollen.

Auch wenn in diesen Fällen die lautmalerische Qualität des Wortes im Vordergrund steht, muss es wohl Sätze geben wie: »Aus ihrem Mund kam nur Rhabarber.« Wobei das natürlich Unsinn ist. Rhabarber sollte nicht aus dem Mund kommen, sondern dort hineingesteckt werden. Zum Beispiel als Kuchen.

Der Mürbeteig

Mit den Händen in einer Schüssel vermengt wird aus den Zutaten wie von selbst eine ansehnliche Masse. Fast schon aufwändiger finde ich es, den Teig gleichmäßig in einer Form zu verteilen: Nicht zu dick, aber so, dass es keine Löcher gibt. Wenn etwas übrigbleibt, mache ich daraus Streusel. Der Teig kommt nun zum Vorbacken 10 Minuten lang bei 200 Grad in den Backofen. Zeit, sich dem Hauptbestandteil dieser Nachspeise zu widmen.

Die Füllung

Die Rhabarberstangen schäle ich und schneide sie in würfelförmige Stücke. Damit sie ihr volles Aroma entfalten, dünste ich sie mit einem Esslöffel Margarine leicht an. Dadurch verliert der Rhabarber auch einen Teil seiner giftigen Oxalsäure. Vollends gegart und bekömmlich wird er dann durch das Backen. Oxalsäure findet sich vor allem in den Blättern und Wurzeln des Rhabarbers und wirkt sich in größeren Mengen schädlich auf die Nieren aus. Bei richtiger Zubereitung kann man die Stangen jedoch bedenkenlos genießen.

Den Abschluss bildet der Kokospudding. Einen Teil der verdünnten Milch gebe ich in eine Tasse und löse mit einem Schneebesen die Stärke darin auf. Den Rest lasse ich mit dem Zucker aufkochen und rühre anschließend den Tasseninhalt unter. Eine weitere Minute auf dem Herd und die köstliche Creme ist fertig. Das Ziel lässt sich beinahe mit der Kuchengabel aufspießen: Den Rhabarber in den Pudding. Die Form aus dem Ofen und den Teig gefüllt; auf Wunsch mit Streuseln komplettiert. Den Kuchen noch einmal für 30 Minuten der erbarmungslosen Hitze ausgesetzt. Geschafft!

Rhabarber: Was für ein Aufhebens um eine so unscheinbare Pflanze. Aber ist es nicht traumhaft, wie sich das Süße mit dem Sauren verbindet und auf der Zunge einfach nur dahinschmilzt?

Florian Lehmuth
31. Mai 2016
Geschmacksrichtung:

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