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Maybe we just enjoy it – Skins Season 6 Part 3

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Es gibt gewisse Regeln bei Skins, die in der mittlerweile dritten Generation ziemlich offensichtlich werden. Das erste Jahr ist dazu gedacht, die neuen Personen schrittweise an die Zuschauer heranzuführen, im zweiten Jahr wird die Handlung dann härter und düsterer. Im zweiten Jahr stirbt grundsätzlich eine der Hauptfiguren, was nicht grundsätzlich zur Authentizität der Serie beiträgt, aber durchaus sehr interessant sein kann. Und während die Charaktere sich in ihrer ersten Staffel erst einmal gegenseitig kennenlernen müssen, verlieben sie sich dann im zweiten Jahr.

Das erste neue Pärchen besteht aus Mini und Alo. Gleich am Anfang dieser Romanze an zeigt sich, dass Mini noch immer an einer leichten Persönlichkeitsstörung zu leiden hat. Ihr fällt es schwer, sich auf andere Menschen einzulassen, weil sie sich dadurch von anderen angreifbar fühlt und Angst hat, in der Beziehung enttäuscht zu werden. Das ist kein Wunder, betrachtet man die Tatsache, dass ihr Vater niemals richtig Teil ihres Lebens war. Gerade an ihn wendet sie sich aber, als Mini nach Entdeckung ihrer Schwangerschaft keinen anderen Ausweg mehr sieht: Der Nähe zu Alo ist sie stets ausgewichen, während ihre Mutter mit ihrem Lebensstil scheinbar kaum reifer ist als sie selbst.

Schön anzusehen ist, wie subtile Parallelen zwischen Minerva und ihrem Vater gezogen werden, wenn uns beispielsweise dargelegt wird, woher Minis vielzitierter Ausspruch »sorted« stammt. Allerdings werfen die Gemeinsamkeiten auch Fragen auf: Wenn Minis Eitelkeit und ihr Hang einem auf Äußerlichkeit bedachten Auftreten von ihrem Vater stammt, findet sich dann bei ihrer Mutter die versteckte Verletzlichkeit, die allzu oft verborgene Aufrichtigkeit? Dass sie auch solche Qualitäten besitzt, wird nämlich in dieser Folge erstmal richtig deutlich. Wie sympathisch wirkt die neue Mini, was für eine schöne und kostbare Persönlichkeit! Sie merkt nicht, dass das neben Ryan, dem Assistenten ihres Vaters, auch Alo erkannt hat. Der weiß um ihre Zurückhaltung und meint: »I don’t think you know how to love anything.« Erst am Ende sehen wir, dass das nicht stimmt. Mini wird abermals von ihrem Vater verlassen, findet dadurch aber wieder zu ihrer Mutter zurück. Diese erzählt ihr: »When I saw your little heartbeat on the screen, I loved you. More than anything else.« Mini ahnt, dass es ihr nicht anders ergehen wird. Sie scheut sich davor, den winzigen Menschen auf dem Ultraschallmonitor anzusehen, sie scheut sich davor, alleinerziehende Mutter zu werden. Aber schließlich kann sie doch nicht anders, als diesem unschuldigen Wesen ihren Blick zuzuwenden. Sie könnte die erste Skins-Figur werden, die ein Kind bekommt.

Frankie steht ihr ungefragt zur Seite. Ehemals so androgyn, schöpft sie viel Kraft aus ihrem neuen weiblichen Selbstbewusstsein. So viel Kraft, dass sie sich aus zwei destruktiven Verhältnissen befreien konnte, in die sie mehr gezogen wurde als sich freiwillig hineinzustürzen. In der sich entwickelnden Beziehung mit Nick hat sie die Oberhand und lässt deshalb mehr Sorgfalt walten als in früherer Zeit. »I don’t need fucking saving,« schleuderte sie Nick noch entgegen, als der sie aus ihrer selbstzerstörerischen Eskapade mit Luke befreien wollte. Doch der neue Nick, der sich nicht mehr mit anderen Männern auf einem Rasen um einen rübenförmigen Ball prügelt und seinen Lacoste-Look abgelegt hat, ist deutlich charismatischer als sein Bruder geworden. Trotzdem steht er loyal zum in Verrufenheit geratenen Matty, als dieser plant, aus dem Exil zurückzukehren. Dass die Rückkehr schließlich an den zwielichtigen Gestalten der Bristoler Unterwelt scheitert, kümmert uns wenig. Matty befindet sich in einer auswegslosen Situation, in die er sich selbst gebracht hat, in die er allerdings auch absichtlich von seinem ehemaligen Freundeskreis gedrängt wurde. Er könnte einem wirklich leid tun, aber dafür wirkt er nicht überzeugend genug.

Als Franky und Nick schlussendlich zueinander finden, scheint so viel positive Energie zu entstehen, dass alle düsteren Ereignisse der Vergangenheit auf einen Schlag wieder wettgemacht werden. Das neue Paar blickt in die Zukunft. »So what now?« fragt Nick sich, fragen wir uns alle. »Maybe we just enjoy it.« Wie wundervoll. So dürfte es immer weitergehen.

Dies ist der dritte Teil einer fünfteiligen Serie über zeitgenössische Fernsehkultur, eine verlorene Generation und klare Ansprüche. »If you’re not here to fuck me, go home.«
Florian Lehmuth
22. März 2012
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