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Aphorismos #1

Zukunft

Denken Natürlich ist es das gute Recht, sogar die Pflicht einer jeden Generation, die Welt neu für sich zu entdecken, neu zu betrachten und neu zu denken. Wenn wir dabei aber wie so oft nicht weiterkommen, kann es durchaus hilfreich sein zu erkennen, dass sich auch schon Milliarden von Menschen vor uns in der selben Lage befunden haben, die selben Ängste und Sorgen mit uns teilen und vermutlich auf ganz ähnliche Lösungen und Gedanken gekommen sind, wie wir sie selbst einmal für uns finden werden.

Diskussionskultur Ich habe mir in letzter Zeit ein paar Gedanken zum Thema Diskussionskultur gemacht. In den meisten Fällen, in denen sich Menschen in einem Raum zusammensetzen, um miteinander zu reden, kommt kein sehr breites Spektrum an Meinungen dabei heraus. Dann gibt es Gesprächsrunden, in denen sich eine Person grundsätzlich gegen alle anderen stellt, jedoch ohne den vorgeschriebenen Rahmen dabei völlig zu verlassen. Es ist erstaunlich, wie sehr ein einziger solcher Mensch positiv zur Qualität der Diskussion beitragen kann. Sollten wir uns aber nicht immer noch eine Person wünschen, die uns fragt, warum wir diese Diskussion überhaupt führen müssen, warum wir die Diskussion führen müssen, und warum die Diskussion jetzt geführt werden muss? Diese Rolle ist möglicherweise die erstrebenswerteste, aber natürlich kommt ein derartiges Maß an Reflektion einem Idealbild gleich, dem man sich nur so gut wie möglich annähern kann.

Eurokrise Ich habe das Gefühl, dass bei vielen wichtigen Themen mehr oder weniger bewusst so lange fachgesimpelt wird, bis niemand mehr etwas versteht und folglich überhaupt nichts mehr darüber hören möchte. Es müssen plastische Beispiele her. Thema Eurokrise. Deutschland und Griechenland sind zwei alte Freunde, die gerne zusammen feiern gehen. Oftmals kommt Deutschland dabei zu Griechenland und obwohl ja eigentlich Ziel der Freundschaft ist, die Aufwendungen auf beiden Seiten in etwa gleich groß zu halten, profitiert Deutschland unter dem Strich lange Zeit von Griechenlands Gutmütigkeit. Griechenland ist die Freundschaft zu Deutschland sogar sehr wichtig und es nimmt dieses Missverhältnis gerne in Kauf. Irgendwann bahnt sich dann eine Wohnungskrise bei Griechenland an und es wird klar, dass es ohne Hilfe bald auf der Straße stehen könnte. Deutschland sichert vorerst nur eine Garantie zu, dass Griechenland im Notfall vorübergehend bei ihm einziehen könnte, und dann machen sich die beiden auf die Suche nach einer dauerhaften Lösung, nämlich einer neuen Wohnung. Irgendwann wird Griechenland tatsächlich gekündigt und Deutschland lässt es bei ihm einziehen. “Aber nur für ein paar Tage,” und die Mitbewohner in Deutschlands WG sind eigentlich auch nicht so begeistert. Griechenland ist über so viel Gastfreundschaft sehr erfreut, doch muss es schon vom ersten Tag bei Deutschland an ständiges Genörgel und Beschimpfungen ertragen. Das geht so weit, dass die WG mit allen Mitteln versucht, den ganzen Lebensstil Griechenlands an ihre Vorstellungen anzupassen. Und das, obwohl nicht nur Griechenland und Deutschland eigentlich enge Freunde sind, sondern Griechenland auch mit den anderen WG-Bewohnern schon lange Bekanntschaft gemacht hat und die ganze Gruppe fast so etwas wie einen Bund geschlossen hat. Ach ja, habe ich erwähnt, dass Griechenland auch noch ein Kind hat? Nun, obwohl es Griechenland in Deutschlands WG trotz der Umstände eigentlich ganz gut geht, setzten Deutschland und die Mitbewohner durch, dass das Kind nur noch so viel zu essen bekommt, dass es eben so am Leben bleibt. Aber eigentlich ist überraschenderweise auch Griechenland damit einverstanden. Nur das Kind quengelt so penetrant, dass Griechenland seit einiger Zeit schon mit dem Gedanken spielt, wieder bei den Eltern einzuziehen. Fortsetzung folgt.

Glück Natürlich, einem jeden das, was sie oder ihn glücklich macht. Vielleicht sollte man sich aber manchmal auch fragen, warum einen etwas glücklich macht.

Herzschmerz “Aber ich liebe dich doch,” steht dort auf dem Display. Sie drückt auf Senden. Ich liebe dich doch. Ich liebe dich. Innerhalb von Millisekunden wird ihr klar, dass diese Worte ein großer Fehler waren. Sie werden nicht dazu beitragen, in dieser verworrenen Beziehung für Klarheit zu sorgen. Aber es ist zu spät, die Nachricht schwebt schon als Funkwelle durch den Raum und ist nicht mehr aufzuhalten. Oder etwa doch? Im U-Bahnhof gibt es wie immer kein Netz. Noch ist die Botschaft nicht angekommen, aber sie steckt irgendwo im System und wartet nur darauf, dem Gerät beim Aufbau der nächsten Verbindung zu entschlüpfen. Hastig nimmt sie den Akku aus ihrem Telefon. Als sie auf die Einzelteile in ihrer Hand blickt, wird ihr klar, dass sie das Telefon nie wieder wird zusammensetzen können. In einem plötzlichen Wutanfall schmettert sie das Gerät mit aller Kraft gegen die Wand. Die Scherben verteilen sich in alle Richtungen und die umstehenden Menschen sehen sie erschrocken an. Das Gefühl der Leere ist nicht verschwunden. Aber immerhin hat ihr gebrochenes Herz nun endlich auch eine physische Entsprechung.

Meinungsfreiheit Warum wird eigentlich in den Regimes, die wir autoritär oder totalitär nennen, fast immer als erstes das Recht auf freie Meinungsäußerung eingeschränkt? Ein Recht, das sich so schwer unterbinden lässt, weil es so natürlich ist, und das man doch eigentlich so leicht freigeben könnte, um das Volk wieder glücklich und damit ruhig zu stimmen. Es dürfte nicht einfach sein, auf diese Frage eine Antwort zu finden. Müssten wir uns deshalb nicht eigentlich fragen, warum das Recht überhaupt noch unter den Regierungen existiert, die wir demokratisch nennen? Vielleicht muss die Antwort hierbei lauten, dass der kapitalistische Herrschaftsapparat einfach so stabil ist, sich mit seiner perfiden Psychologie so tief in den Köpfen verankert hat, dass er sich nicht fürchten muss, durch öffentlich vorgebrachte Vernunft jemals zu Fall gebracht zu werden.

Unisex-Toiletten Es ist Pause im Gender-Seminar. Auf dem Weg zur Toilette sticht mir das schwarze Männchen auf der Tür förmlich ins Auge und ich frage mich, warum ausgerechnet eine Universität nicht mit dem guten Beispiel einer Unisex-Toilette vorangehen kann. Um junge Menschen dauerhaft zu prägen, auf dass sie die grausame Welt dort draußen ein wenig gerechter machen mögen. Bevor ich die Kabine erreicht habe, bin ich mir bereits über die erdrückende argumentative Last bewusst, die gegen diesen Vorstoß spricht. Die Frauen könnten ja aus dem Augenwinkel mitbekommen, was sich so zwischen den Beinen der Männer verbirgt, die an der Urinale stehen. Ach, die würde es dann gar nicht mehr geben? Bestimmt beschwert sich dann auch noch jemand, wenn die Penisträger beim Zielen auf die Schüssel nicht immer perfekt ins Schwarze treffen. Sich einfach hinsetzen, so wie auch beim großen Geschäft? Unmöglich. In jenem Fall wird die sonst ausschließlich würdelose Haltung ja nur dadurch begründet, dass man die Zeitung am Frühstückstisch eben auch nicht im Stehen liest. Wäre auch viel zu anstrengend. In diesem Sinne: Fröhliches Zielpinkeln.

Nur ein paar meiner weniger verrückten alltäglichen Überlegungen. Gebt Bescheid, wenn ihr mehr davon lesen möchtet. Idee geklaut von der wie immer großartigen Sara.
Florian Lehmuth
28. Mai 2013
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